10 deutsche Möbeldesigner*innen mit großem Potenzial

Die deutsche Technik ist legendär, doch die Designästhetik des Landes ist auf ihre ganz eigene Art und Weise beeindruckend.
Stefan Diez, Gartenstuhl aus der Serie „Yard for Emu“, 2015

Stefan Diez, Gartenstuhl aus der Serie „Yard for Emu“, 2015. Foto © Stefan Diez

Qualität, Funktionalität, Innovation: Diese drei Begriffe finden sich oft im Zusammenhang mit deutschem Design wieder. Aber in einer Welt, die hypervernetzt ist, in der Designer*innen Einflüsse aus nah und fern einbringen und Produkte in einem Land designt und in einem anderen hergestellt werden, stellt sich folgende Frage: Gibt es überhaupt ein typisch deutsches Design? Genau diese Frage beleuchtet das vom Distanz-Verlag herausgegebene Buch Best of German Interior Design, in dem 50 Designer*innen sowie 50 Produzierende vorgestellt werden. Im Werk enthalten sind einige wohlbekannte Namen sowie einige, die auf dem Weg dahin sind, bekannt zu werden. Zudem veranschaulicht dieser inoffizielle Leitfaden für deutsches Design das Bauhaus-Erbe des Landes und bietet gleichzeitig Einblicke in modernes Design, das sich von der Vergangenheit lossagt. Diese Designer*innen sollten Sie im Hinterkopf behalten.


Werner Aisslinger

Werner Aisslinger, ADD-Sideboard, 2015

Werner Aisslinger, ADD-Sideboard, 2015 Foto © Werner Aisslinger

Werner Aisslinger machte sich 1996 mit seinem tulpenförmigen Stuhl „Juli“ für Cappellini einen Namen. Es war das erste Sitzmöbel dieser Art, bei dem Polyurethan-Integralschaum verwendet wurde. Kurz nach seiner Herstellung wurde der Stuhl in die ständige Sammlung des Museum of Modern Art aufgenommen. „Für ihn“, so Best of German Interior Design, „ist das Entstehen visionärer Entwürfe immer mit der Entwicklung neuer Materialien und Techniken verbunden, die in einen neuen Kontext gestellt werden.“ Dazu zählt auch der stapelbare Hanfstuhl, die Soft Chaise und der Gel Chair aus Polyurethan-Gel.


Sebastian Herkner

Sebastian Herkner, Leuchte „Bell“, 2013; Beistelltisch „Bell“ mit Kupfer, 2013 und Couchtisch „Bell“, 2012. Foto © Sebastian Herkner

Mit nur 37 Jahren gehört Sebastian Herkner bereits zur deutschen Design-Elite. Mit einer Kundenliste, zu der Cappellini, ClassiCon, Moroso, Pulpo und Linteloo gehören, weist er eine internationale Perspektive auf. „Ich fühle mich nicht der Ära der deutschen Designer zugehörig, sondern sehe mich eher als internationalen Designer“, sagt Herkner. „Klar, ich bin in Deutschland aufgewachsen und wurde an einer deutschen Designschule ausgebildet, aber seit meinem Praktikum bei Stella McCartney bin ich viel im Ausland unterwegs und arbeite mit meinem internationalen Team im Studio. Ich lasse mich von Kulturen und Menschen inspirieren – stets angetrieben von verschiedenen handwerklichen Techniken und Materialien aus der ganzen Welt.“


Formstelle

Formstelle, Stuhl „808“ für Thonet, 2014

Formstelle, Stuhl „808“ für Thonet, 2014. Foto © Achim Hatzius

Claudia Kleine und Jörg Kurschner gründeten 2001 die Design-Agentur Formstelle in München. Zu den preisgekrönten Arbeiten des Duos gehören der Lounge-Sessel „808“ für Thonet, eine Neuinterpretation des klassischen Ohrensessels und „Morph“, eine Stuhlreihe aus Holz für Zeitraum. „Neben unserer künstlerischen Kompetenz finden wir für unsere Projekte immer ein besonderes Motiv und einen individuellen Ausdruck“, sagt Kurschner. „Wir verwandeln Fantasien in Visionen, Emotionen in Konzepte und übersetzen sie in eine physische Form.“


Konstantin Grcic

Konstantin Grcic, Tagesbett „Ulisse“ und Beistelltisch „Diana A“ zusammen mit Eileen Grays Leuchte „Tube“, 1927

Konstantin Grcic, Tagesbett „Ulisse“ und Beistelltisch „Diana A“ zusammen mit Eileen Grays Leuchte „Tube“, 1927 – alle wurden von ClassiCon produziert. Foto © Konstantin Grcic, Magis

Konstantin Grcic ist einer der weltweit führenden Industriedesigner. Der gelernte Tischler und Absolvent des Royal College of Art in London war Assistent von Jasper Morrison, bevor er sich 1991 selbstständig machte. Grcic erhielt den renommierten Compasso d’Oro sowohl für seine Leuchte „Mayday“ als auch für seinen Stuhl „Myto“. Sein „Chair_One“ für Magis mit Zementfuß und einem Sitz aus Aluminiumdruckguss gilt als Designklassiker. „Seriös und funktional, sperrig und gelegentlich beunruhigend – seine Werke verbinden eine industrielle Ästhetik mit experimentellen, künstlerischen Elementen.“ So lautete die Beschreibung des Designers für die Ausstellung „Panoroma“ des Vitra Design Museums im Jahr 2014, Grcics bisher größte Einzelausstellung.


Jehs + Laub

Sofa „Jalis“ von Jehs + Laub für COR, 2010

Sofa „Jalis“ von Jehs + Laub, 2010, hergestellt von COR. Foto © Jehs + Laub, COR

Markus Jehs und Jürgen Laub lernten sich an der Designschule kennen und absolvierten gemeinsam ein Praktikum in New York. Heute arbeitet das renommierte Stuttgarter Studio mit einer großen Auswahl von Kund*innen zusammen, darunter Cassina, COR, Herman Miller, Fritz Hansen, Knoll und Nemo. Neben den mittlerweile klassischen Sofas, Stühlen und Lampen entwarf das Studio das weltweite Showroom-Konzept für Mercedes-Benz und die Suite 606 für das Ice Hotel in Schweden. „Wenn es eine deutsche Designsprache gibt, dann geht es meist um den Leitsatz der Ulmer Schule ‚Die Form folgt der Funktion‘“, sagt Laub. „Aber natürlich gibt es ebenso viele verschiedene Möglichkeiten, ein Produkt zu gestalten, wie es Designer gibt. Unsere Richtung wurde von unseren frühen Werken für deutsche, italienische und dänische Marken beeinflusst. Daher betrachten wir uns auch mehr als europäische Designer.“


Daniel Becker

Seit der Gründung seines Berliner Studios im Jahr 2010 kreiert der Industriedesigner Daniel Becker mit einer einzigartigen Mischung aus reiner Funktion und – wie er es nennt – „dekorativer Funktion“. „Meine Entwürfe folgen dem deutschen Designideal, ein Objekt zu schaffen, das logisch ist, gut funktioniert und angenehm zu benutzen ist“, sagt er. „Ich vertrete jedoch nicht unbedingt die Einstellung ‚weniger ist mehr‘, denn ich glaube, dass Design die Form zelebrieren kann, ohne dabei die Funktionalität zu opfern.“ Zu seinen bekanntesten Formen gehören die Pendelleuchten „Emily“ und die modulare Beleuchtung „Sparks“.


Kaschkasch

Kaschkasch, Tischsystem „RAIL“ für Zeitraum, 2016. Foto © Kaschkasch, Zeitraum

Kaschkasch, das Team bestehend aus Florian Kallus und Sebastian Schneider, gehört zur neuesten Generation der deutschen Designstudios. Ihre Produktpalette umfasst einen multifunktionalen Bodenspiegel für Menu, ein modulares Tischsystem für Zeitraum und den faltbaren Fju für Living Divani. „Was macht deutsches Design aus? Das ist sehr schwer zu sagen. Immerhin leben wir in einer Welt, in der Menschen aus Japan in den USA für ein deutsches Unternehmen arbeiten“, sagt Kallus. „Man findet weltweit Inspirationen – auch im Internet.“ Dennoch fügt er hinzu: „Die Deutschen legen immer noch sehr viel Wert auf Qualität und ‚Made in Germany‘. Es gibt einen großen Unterschied zwischen vielen der neuen – in den letzten 15 Jahren entstandenen – dänischen Marken und den alten deutschen Möbelunternehmen, die von Familien geführt werden. Die meisten deutschen Firmen haben ihre eigene Produktion, was für uns als Designer eine großartige Gelegenheit bietet.“


Stefan Diez

Stefan Diez, Beistellstühle „Houdini“, 2009, an Philipp Mainzers Tisch „Bigfoot“, 1994.

Stefan Diez, Beistellstühle „Houdini“, 2009, an Philipp Mainzers Tisch „Bigfoot“, 1994. Der Hocker „Backenzahn“, 1996, stammt ebenfalls von Mainzer. Foto © Philipp Mainzer, Stefan Diez

Stefan Diez, der laut Best of German Interior Design „zur ersten Generation deutscher Designer gehört, die die Techniken des traditionellen Handwerks mit digitalen Werkzeugen verbinden“, trat in die Fußstapfen seiner Familie und absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Tischler, bevor er bei Richard Sapper Industriedesign studierte. Anschließend arbeitete er mit Konstantin Grcic zusammen und gründete 2002 sein eigenes Studio in München. Heute entwirft der international anerkannte deutsche Designer für e15, Emu, HAY, Thonet, Vibia, Wilkhahn sowie für andere angesehene Hersteller.


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