Türkische Teppiche: Ein Leitfaden zu Mustern und Geschichte dieser Teppiche, bei denen Ost und West aufeinandertreffen

Von Kelim bis Uşak: Wir stellen die verschiedenen Typen und Stile vor, die Sie kennen sollten.
Von Sara Bengur entworfenes Wohnzimmer mit einem bunten türkischen Kelim-Teppich
Die New Yorker Designerin Sara Bengur hat ihr eigenes Wohnzimmer mit einem bunten türkischen Kelim-Teppich dekoriert. Foto: Peter Murdock

Sie haben die Paläste von Sultanen und Königinnen geschmückt, Märchen und Legenden inspiriert und die Schritte von Generationen abgedämpft. Türkische Teppiche mit ihren rubinroten und leicht trüben blauen Farbtönen, ihren verflochtenen botanischen Designs und rhythmischen geometrischen Mustern sind heute so beliebt wie im 13. Jahrhundert, als die Menschen im Reich der Seldschuken in Anatolien begannen, diese Teppiche mit ihren kräftigen Farben zu weben.

Seitdem haben Technologie, Verbrauchernachfrage und auch die Geografie ihre Spuren hinterlassen, doch die Teppiche vermitteln weiterhin ein reiches, altes kulturelles und ästhetisches Erbe. Dieser Leitfaden wird Ihnen helfen, die Teppiche zu finden, die für Ihr Leben, Ihren Stil und Ihr Zuhause am besten geeignet sind.


Was ist ein türkischer Teppich?

Ein von Eclectic Home entworfenes Wohnzimmer in New Orleans mit einem türkischen Vintage-Teppich
Ein türkischer Vintage-Teppich ist der Mittelpunkt dieses Wohnzimmers in New Orleans, das von Eclectic Home entworfen wurde. Foto: Sara Essex Bradley

Ein türkischer Teppich ist einfach gesagt ein Teppich, der in der Türkei oder im früheren osmanischen Reich hergestellt wurde, wobei die traditionellen Methoden und Webverfahren der Region angewendet wurden. Andernorts mit den gleichen Verfahren hergestellte Teppiche gelten als unecht.

Die Varianten reichen von flach gewobenen Kelims bis zu üppig geknüpften Teppichen, die als Hali bezeichnet werden und von denen viele mit Ghiordes oder türkischen Knoten hergestellt werden. Während bei anderen Knoten das Schussgarn (Quergarn) um ein Kettgarn (Längsgarn) gewickelt ist, ist es beim Ghiordes-Knoten um zwei gewickelt, wodurch Fülle und Widerstandsfähigkeit verbessert werden. Neben den Knüpfverfahren unterscheiden sich türkische Teppiche auch in ihren Motiven (naturalistisch oder stilisiert, geometrisch oder figurativ), die oft die Herstellungsregion widerspiegeln.


Typen und Stile türkischer Teppiche

Uşak-Teppich vom Ende des 19. Jahrhunderts
Dieser komplex gemusterte Uşak-Teppich vom Ende des 19. Jahrhunderts weist viele der typischen Farben dieses Stils auf.

Türkische Teppichtypen und -stile werden sowohl durch das Webverfahren als auch die Region, die Stadt oder das Dorf ihres Ursprungs definiert. Die Haupttypen, erklärt der Mailänder Teppichhändler Alfredo Levi, sind Kelim, gekennzeichnet durch eine einfache Schlitzkelim-Webtechnik, bei der zwischen mit verschiedenen Garnen in unterschiedlichen Farben gewobenen Bereichen ein Schlitz bleibt, Sumak, per Wirktechnik hergestellt, wodurch ein robusterer flach gewebter Teppich entsteht, und Cicim – „eine Art von Sumak mit besonderen Brokattechniken, die für die Stämme und Dörfer in Zentralanatolien typisch sind“.

Bei jedem Typ gibt es verschiedene regionale Stile. Dazu zählen Bergama-Teppiche, die durch kräftige Rottöne und kräftige Medaillons gekennzeichnet sind, dicke Tulu-Teppiche sowie Konya-Teppiche, die von Marco Polo angeblich als „schönste Teppiche der Welt“ bezeichnet wurden. Mit ihren ausgeprägten Stammeskunstmotiven und leuchtend roten Durchschüssen aus besonders luxuriöser Wolle sind Konya-Teppiche bei Sammler*innen besonders begehrt.

Anatolischer Konya-Teppich mit Apricot-Tönen
Anatolischer Konya-Teppich mit Apricot-Tönen, 19. Jahrhundert

Ebenfalls geschätzt sind Uşak-Teppiche mit ihren komplexen, ausgeklügelten Designs und warmen Erdtönen wie Safran, Zimt, Blau, Elfenbein und Gold, sowie Hereke-Teppiche, die ursprünglich ausschließlich für die osmanischen Sultane aus feinster Seide hergestellt wurden.

Detail eines Hereke-Teppichs aus dem Jahr 1880 mit Darstellung einer Jagdszene.
Detail eines Hereke-Teppichs aus dem Jahr 1880 mit Darstellung einer Jagdszene.

Diese gewebten Juwelen, die immer noch im türkischen Küstenort Hereke hergestellt werden, mit ihren exquisiten, sehr feinen floralen Mustern aus Wolle, Baumwolle und Seide und oft mit Gold- und Silberfäden ergänzt, sind bei Sammler*innen und Dekorateur*innen weltweit sehr begehrt.


Vergleich zwischen traditionellen und modernen türkischen Teppichen

Moderner handgefertigter türkischer Hochflor-Teppich
Handgefertigter türkischer Hochflor-Teppich, 21. Jahrhundert

Für den New Yorker Teppichhändler Jason Nazmiyal von Nazmiyal Antique Rugs „sind bei einem guten türkischen Teppich die Farben harmonisch“. Dies gilt sowohl für moderne als auch für antike türkische Teppiche. Allerdings haben sich die Farbtöne im Lauf der Jahrhunderte verändert, einerseits aufgrund der Technik, andererseits wegen kulturellen und modischen Wandels.

Im 17., 18. und frühen 19. Jahrhundert verwendeten osmanische Teppichweber*innen Garne, die mit Naturfarbstoffen aus lokalen Pflanzen gefärbt wurden. Chemische Farbstoffe wurden in den 1850er-Jahren erfunden und boten eine erweiterte Farbpalette, konnten die subtilen Tonabstufungen der natürlichen Farbstoffe, die Teppichen eine sanfte visuelle Textur und fast glänzende Eigenschaften verliehen, jedoch nicht reproduzieren.

Handgeknüpfter türkischer Doppelknoten-Teppich mit Schachbrettmuster
Handgeknüpfter türkischer Doppelknoten-Teppich mit Schachbrettmuster, 21. Jahrhundert

Trotzdem ziehen laut Murat Kupcu von der Double Knot Rug Gallery heutige Käufer*innen die subtileren Töne kommerzieller Farbstoffe oft vor. „Farbe ist nicht einfach“, sagt er, „und ein Teppich hat beträchtliche Wirkung in einem Raum, sodass oft Grau- und Beigetöne bevorzugt werden.“ Käufer*innen sollten jedoch neue, kommerziell gebleichte türkische Teppiche nicht mit antiken oder Vintage-Teppichen verwechseln.

Auch die Muster haben sich weiterentwickelt. Obgleich viele Weber*innen weiterhin traditionelle Designs erzeugen, interpretieren andere ihr kulturelles Erbe in modernen Begriffen neu und verwenden kräftigere Verzierung und geometrischere Motive. Zeitgenössische Teppiche sind auch selten von Hand gefertigt und nutzen oft synthetische Webgarne aus Gründen der Kosteneffektivität und für eine dem Leben im 21. Jahrhundert entsprechende Widerstandsfähigkeit.

Doch genau wie Beige nicht langweilig sein muss (denken Sie an Farben wie Marmorgrau oder rosa Sandtöne), kann ein in der Fabrik hergestellter Teppich ein Segen sein. „Letztendlich ziehen Sie vielleicht wegen Ihres Hundes, Ihrer Kinder und der Abnutzung einen maschinell gefertigten Teppich vor“, führt Kupcu aus. „Manchmal ist es besser, auf die mit Handarbeit verbundene Romantik zu verzichten.“


Fragen und Antworten

Türkischer Teppich im Foyer einer Wohnung in Chicago
Innenarchitektin Pernille Lind verwendete in diesem Eigenheim im Raum Chicago einen türkischen Vintage-Teppich. Foto: John und Maura Stoffer

Was ist an einem türkischen Teppich besonders?

„Es hat etwas mit Berührung und Farben zu tun – visuell, weich, weniger streng“, so Levi. „Deshalb sind türkische Teppiche so beliebt. Sie sind zeitlos.“

„Antike türkische Teppiche sind Meisterwerke der Farbschichtung“, sagt Innenarchitektin Sara Bengur. „Oft sind viele Farben im Muster verwoben, fühlen sich aber trotzdem ausgeglichen und ruhig an, besonders, wenn wie bei den meisten antiken Teppichen pflanzliche Farbstoffe verwendet wurden. Ich liebe außerdem die absichtlichen Unregelmäßigkeiten, mit denen die jeweiligen Weber*innen ihren Produkten ihren persönlichen Stempel aufdrückten.“

„Die Wolle aus der Türkei unterscheidet sich auch sehr von der anderer Länder“, fügt sie hinzu. „Sie ist sehr fein, wodurch die Flachgewebe sehr elegant und auch in urbaneren Umgebungen passend aussehen, obgleich sie aus rein funktionalen Gründen entstanden und in ländlichen Gemeinden ganz praktisch als Boden- und Bettbelag eingesetzt wurden.“

Kayseri-Teppich wie dieser aus dem Jahr 1910 aus handgeknüpfter Seide kommen aus der Gegend um die Stadt Kayseri in Ostanatolien.

Worauf sollten Sie bei einem türkischen Teppich achten?

Die besten Teppiche sind mit dem klassischen Ghiordes-Knoten gewebt oder geknüpft und bestehen aus Wolle, Baumwolle, Kamelhaar oder anderen Tierhaaren und − wie bei den luxuriösesten Exemplaren − aus Seide. Ältere Teppiche weisen komplexe Muster in Scharlachrot, Ziegelrot und Marineblau auf. Nach dem 18. Jahrhundert wurden sie größer und wiesen weichere Farbtöne auf. Seien Sie vor „auf antik gewaschenen“ Teppichen − neueren Teppichen, die gebleicht wurden, um alt auszusehen – auf der Hut. Sie sind in der Regel überbewertet und von minderer Qualität. Bei einem Kauf als Anlage führt Nazmiyal aus, dass durchgängig gemusterte Teppiche statt solcher mit Medaillon in der Mitte gewählt werden sollten.

Pflege von türkischen Teppichen

„Handgefertigte Teppiche sollten von spezialisierten Reinigungsdiensten gereinigt werden“, rät Kupcu. „Zu Hause ist ein leichtes Reinigen per Staubsauger, Abstauben durch Schütteln im Freien und Punktreinigung mit etwas Seife und Wasser möglich.“

Heide Hendricks schmückte diese Wohnung im New Yorker Stadtteil Greenwich Village mit einem antiken türkischen Teppich.
Heide Hendricks von der Designfirma Hendricks Churchill schmückte diese Wohnung im New Yorker Stadtteil Greenwich Village mit einem antiken türkischen Teppich. Foto: Chris Mottalini

Wo kauft man einen türkischen Teppich am besten?

Sehen Sie sich vor allem nach angesehenen Anbieter*innen mit gutem Ruf um. Schulen Sie Ihr Auge, indem Sie Teppiche ansehen, die Ihnen zusagen − selbst wenn es sich um Google-Bilder handelt, empfiehlt Nazmiyal − und miteinander vergleichen. Kupcu mahnt außerdem: „Als Verbraucher*in müssen Sie Fragen stellen.“ Ist ein bestimmter Teppich „auf Antik gemacht“? Wann und wo wurde er hergestellt?

Hüten Sie sich vor Teppichhandlungen, die auf Tourist*innen abzielen, in Städten wie Istanbul, deren Waren durchaus erst kürzlich in China gefertigt worden sein könnten. Oft braucht es ein geübtes Auge, um den Unterschied zu erkennen.

„Ich habe viel darüber gelesen, habe Zeit mit Museumsbesuchen und dem Berühren von Teppichen verbracht, und mich schließlich auch mit Fachhändler*innen angefreundet“, sagt Kupcu. „Seit der Eröffnung meines Geschäfts habe ich sogar noch mehr darüber gelernt. Und ich lerne weiter dazu.“


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