Alexandra Donohoe Church war gerade mal im Teenageralter, als sie begann, eifrig die Möbelkataloge zu studieren, die den Briefkasten ihres Zuhauses in Seattle füllten. Ihre australischen Eltern hatten sich dort niedergelassen, als sie sieben Jahre alt war. „Der Pazifische Nordwesten war in den Neunzigerjahren weder kosmopolitisch noch der Nabel der Designwelt, doch was wusste ich schon?“, lacht Donohoe Church, die sich für ein Videointerview aus Sydney zugeschaltet hatte, wo sie und ihr Designbüro Decus Interiors ansässig sind. „Ich blätterte durch die Kataloge und überlegte, wie ich das Zimmer meines Bruders und mein eigenes neu gestalten könnte, und dann stellte ich alles um.“
Trotz dieser Vorboten für eine Karriere als Innenarchitektin nahm Donohoe Church ein Studium der Landschaftsarchitektur auf, nachdem sie die Highschool in Sydney abgeschlossen hatte. Die Familie war nach Australien zurückgekehrt, als sie 14 Jahre alt war. „Ich erinnere mich, dass wir uns in der Ausbildung mit Designtechnologie befasst haben und dachte ‚beruflich Räume gestalten, das geht eigentlich nicht – das würde zu viel Spaß machen‘.“
Als sie feststellte, dass sie sich einfach keine Pflanzennamen merken konnte, wechselte sie zu einem Studium der Innenarchitektur und „wurde besessen vom Innendesign, von Stilbewegungen, Künstler*innen und Designer*innen. Es war eine regelrechte Liebesaffäre.“
Eine Liebesaffäre ist es für die 39-Jährige noch heute. Sie war für verschiedene Design-Unternehmen in Sydney tätig, bevor sie in einem Büro anfing, das ausschließlich Wohn-Interieurs gestaltete. „Ich fand es wunderbar, für die Endkund*innen zu gestalten, und mochte den Prozess, mir dieses tiefe Verständnis dafür anzueignen, wie sie leben, was ihre Vorlieben und Werte sind“, sagt sie. „Ich hatte das Gefühl, angekommen zu sein. Das war es, was ich tun wollte.“
2009 gründete Donohoe Church ihr eigenes Unternehmen und arbeitete allein von zu Hause aus. Das war eine nervenaufreibende Zeit, sagt sie. „Ich war siebenundzwanzig Jahre alt und noch sehr unerfahren und naiv, was unternehmerische Fragen, Kundenmanagement und rechtliche Angelegenheiten betraf. Aber ich denke, wenn ich länger gewartet hätte, um mehr Erfahrungen zu sammeln, wäre ich das Risiko nicht eingegangen. Das heißt, eigentlich war es sogar von Vorteil, nicht viel zu wissen. Ich hatte keine Hypothek und auch keine Kinder. Ich hatte also nicht viel zu verlieren – das ist schon ein fantastischer Zustand!“
Sie übernahm zunächst kleinere Projekte und Kollaborationen. Nach und nach erhielt sie größere Aufträge und stellte ein Team ein, um diese bewältigen zu können. Der entscheidende Moment, sagt sie, stellte sich ein, als sich ein Paar bei ihr meldete, das ihre Arbeit in einem Magazin gesehen hatte: Es beauftragte sie mit der kompletten Neugestaltung eines Hauses in der Küstenregion Westaustraliens. „Wir hatten hier zum ersten Mal die Gelegenheit, einzigartige Möbel auszuwählen und eine bedeutende Kunstsammlung zu integrieren“, sagt Donohoe Church. „Das war ein echter Wendepunkt in Sachen Lernerfahrung und Mechanismen des Designs.“
Seitdem ging es für sie nur noch aufwärts. Bei Decus Interiors (der Name stammt vom lateinischen Wort für Ornament) führt sie heute ein Team von zehn bis zwölf Designer*innen („je nachdem, wer gerade ein Kind bekommt!“), die eine Reihe hochwertiger Wohnprojekte betreuen: Unter anderem ist dies zurzeit ein denkmalgeschütztes Gebäude in Sydney sowie ein kompletter Neubau dort – das bisher größte Projekt des Unternehmens.
Den Arbeitsstil von Decus beschreibt Donohoe Church so: „Wir lassen uns einen Auftrag erläutern und liefern eine Erweiterung der Kundenpersönlichkeit zurück.“ In ihrem Unternehmen, sagt sie, geht es mit Leidenschaft um die Psychologie der Räume und die Gestaltung von Umgebungen – viel mehr als darum, eine typische Ästhetik festzulegen. „Inzwischen stelle ich aber fest, dass Kund*innen einen bestimmten Look erwarten“, ergänzt sie, „ich möchte zwar nicht, dass unsere Projekte alle gleich aussehen, ich kann aber nachvollziehen, dass unsere Ideen willkommen sind.“
Zu diesen Ideen gehören „sich überlagernde Texturen und der Aufbau mehrerer Ebenen von Möbeln und Kunst, die sich über die Grundstruktur legen. Für mich ist es sehr wichtig, etwas Spannung in die Räume zu bringen. Ich möchte nicht, dass alles zusammenpasst. Ich mag ein bisschen Wettbewerb, die Kommunikation zwischen Kunst, Mobiliar, Raum und Außenarchitektur.“
Die Pandemie, das Arbeiten im Homeoffice und der Lockdown in Australien waren schwierig, boten aber auch Vorteile: „Ich habe das als Zeit betrachtet, die mir erlaubt, alle Bücher zu lesen, die ich schon immer lesen wollte, Aufgaben anzugehen, die ich vor mir hergeschoben hatte und mich auf unsere Designprojekte zu konzentrieren. Unsere Kundschaft ist auch eingeschränkt in ihren Aktivitäten. Geben wir ihnen etwas, auf das sie sich freuen können.“
Wir fragten Donohoe Church nach ihren anspruchsvollsten und interessantesten Projekten.
Sie hatten das Projekt in Westaustralien erwähnt – können Sie uns etwas über die Entwicklung erzählen?
Es gab eine recht einheitliche Ästhetik [in the area] – große, klobige und kastenförmige Häuser. Das Kundenpaar wollte etwas anderes.
Es erläuterte uns, welchen Charakter es sich vorstellte, und ließ uns dann jede Menge Freiraum. Wir haben die Grundrisse der einzelnen Etagen völlig verändert und eine komplette Ebene hinzugefügt, die hauptsächlich als Bereich für die Kinder dienen sollte. Die anderen Räume waren öffentlicher und sprachen eher Erwachsene an. Das Obergeschoss war sehr lebhaft, unten war die Atmosphäre eher differenziert und elegant. Es ist ein Ort, an dem man barfuß lebt, nur wenige Schritte vom Strand entfernt, und wir wollten mühelos von dieser Ungezwungenheit zu einer Cocktailparty für zweihundert Personen übergehen können. Am Ende hatte das Paar ein Haus, das sich von denen seiner Freunde und Nachbarn stark unterschied.
Was ist ein wichtiges Objekt, das Sie für die Immobilie gekauft haben?
Sehr wichtig ist ein Paar massiver Türen aus Bronzeguss mit Starburst-Motiv aus einem Nachlass in Los Angeles, das wir über 1stDibs gekauft haben. Ich wollte mithilfe eines Vintage-Objekts dem ersten Element, das man beim Betreten des Hauses wahrnimmt, einen besonderen Charakter geben, denn alles andere im Haus ist neu.
Sie erwähnten die bedeutende Kunstsammlung des Paares. Wie haben Sie diese bei der Auswahl der Möbel und Farben berücksichtigt?
Wir haben alle Möbel ausgewählt, bevor wir entschieden haben, wo die Kunstwerke platziert werden sollten – am Ende hat alles sehr gut gepasst. Das Paar besitzt eine wunderbare Sammlung australischer Kunst, und ich wollte die Auswahl der Möbel um einige Objekte aus anderen Ländern erweitern. In ein kleines Foyer neben dem Wohnzimmer haben wir eine Bronzekonsole von Eric Schmitt gestellt, mein absolutes Lieblingsmöbelstück. Der Boden musste in diesem Bereich verstärkt werden und wir brauchten sechs Personen, um die Skulptur ins Haus zu bringen.
„Wir wollten eine helle und frische Atmosphäre“, erklärt Donohoe Church diesen Kinderbereich. Die Beleuchtung des Raums übernehmen Lampen von Doug Johnston und Lindsey Adelman, an der Wand hängt Mosaic Entrance von Howard Arkley aus dem Jahr 1994. Der maßgefertigte Tisch und die Bank sind Entwürfe von Decus Interiors, angefertigt von JP Finsbury, die Hocker sind „Pattern Chess Pieces“ von Anna Karlin.
Im Kinderbereich im Obergeschoss wollten wir eine helle und frische Atmosphäre schaffen. Wir haben Leuchten von Doug Johnston und Lindsey Adelman installiert, die sehr gut mit einem Kunstwerk von Howard Arkley harmonieren. Auch im Poolhaus haben wir sehr kräftige Farben verwendet – einen robusten Missoni-Stoff für die Hocker, dazu haben wir einige der einheimischen Kunstwerke aus der Sammlung des Kundenpaares gesellt.
Sie haben ein Haus in Sydney zweimal gestaltet – für unterschiedliche Auftraggeber. Das muss interessant gewesen sein.
Das war es! Die erste Familie hatte das Haus 2015 neu gebaut. Das viergeschossige Gebäude steht auf einem steilen, kompakten Grundstück am Tamarama Beach, einer sehr exklusiven Gegend. Wir haben damals die Inneneinrichtung gemeinsam mit dem Architekten gestaltet – sehr neutral, viel schwarz und weiß – und alle Tischlerarbeiten entworfen. Dann riefen 2019 die neuen Eigentümer an. Sie hatten in einem traditionellen, altmodischen Haus fünf Kinder großgezogen und wollten – jetzt, wo die Kinder das Haus verlassen hatten – „ein bisschen Spaß haben“. Die Ehefrau wollte „das Gefühl haben, an einem Pool am Mittelmeer zu entspannen“.
Es war also ein völlig anderes Projekt, bei dem unterschiedliche Bedürfnisse berücksichtigt werden mussten. Sämtliche Wohnräume und die Küche haben wir in die oberen Etagen verlegt. Die Schlafzimmer und der Aufenthaltsraum wanderten eine Etage tiefer – sie öffnen sich jetzt zum Pool und zur Terrasse. Darunter befinden sich das Arbeitszimmer und die Gästesuite, und die unterste Ebene beherbergt die Garage, den Fitnessraum und den Weinkeller.
Das luftige Wohnzimmer dieses westaustralischen Anwesens öffnet sich zum Poolbereich – in der linken Ecke die Leuchte „Applique 2“ von Serge Mouille.
Ihr Geschmack scheint sehr international orientiert zu sein. Arbeiten Sie auch mit australischen Designer*innen zusammen?
Es gibt wunderbare australische Designer*innen, mit denen wir arbeiten und bei denen wir Projekte in Auftrag geben. Ich habe aber meine prägenden Jahre in den USA verbracht. Wir sind dort – und auch in Europa – sehr viel gereist. Daher ist meine Perspektive ziemlich international. Seit den Neunzigerjahren bin ich großer Fan bestimmter Designer*innen – oftmals sind es Franzosen, die Pierre heißen. Bei Pierre Yovanovitch fasziniert mich beispielsweise das völlige Fehlen von Trends, und ich finde es fantastisch, wie die Objekte in seinen Räumen miteinander kommunizieren. Pierre Paulin ist für mich ebenfalls ein Design-Held.
Ich verwende 1stDibs eigentlich mehr und mehr. Die App hat vieles deutlich einfacher gemacht, und ich finde es großartig, dass man mit Designer*innen auf der ganzen Welt in Verbindung treten kann.
Kühne, großformatige Kunstwerke von Charles Tjapangati (links) und Joseph Jurra Tjapaltjarri (rechts) hängen über dem maßgefertigten Sofa. Farbenfrohe Kissen, zum Teil mit Missoni-Stoffen bezogen, krönen das von Decus Interiors entworfene Möbelstück.
Ihre ursprüngliche Haltung war, dass das Gestalten von Wohnräumen zu viel Spaß machen würde, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Stimmt das?
„Ja, das stimmt! Aber es gibt auch Herausforderungen. Die Kreativität der linken Gehirnhälfte kollidiert mit Intentionen der rechten Gehirnhälfte, und beides muss zusammengebracht werden. Man muss sich mit Finanzen, Zeitplänen und Parametern auseinandersetzen, extrem detailorientiert sein und gleichzeitig seine kreativen Impulse berücksichtigen. Gelegentlich ist man Eheberater oder Rechnungsprüfer – und manchmal muss man Gedanken lesen können.
Aber selbst nach gut zwanzig Berufsjahren finde ich es nach wie vor sehr spannend, eine Präsentation zusammenzustellen, von der man hofft, dass sie den Kund*innen gefällt. In diesem Moment ist man doch recht verletzlich, wenn man sagt: ‚Hier ist unser Vorschlag. Ich hoffe, er gefällt Ihnen.‘“