Innendesign

Global vs. Glam

Side-by-side image of a global-themed living room with a red wall hanging and large bronze sculpture next to a glamorous living room with yellow porter's chairs and a large-scale portrait of Andy Warhol

Global − der Einrichtungsstil für Weltenbummler. Doch eins vorab: Bei dieser Art von Design geht es bei Weitem nicht nur um Einrichtungsobjekte wie afrikanische Masken, Kunst der Aborigines, indonesische Batik oder ähnliche Objekte Auch wenn bei diesem Wohntrend oft Artefakte aus indigenen Kulturen zahlreicher Länder zu finden sind, bezieht Global bei der Raumgestaltung ebenfalls Objekte aus Europa und den Vereinigten Staaten ein und umfasst dabei eine Zeitspanne von der Antike bis zur Moderne. 

Vielmehr geht es um die Mischung und die Freude an der kulturellen Vielfalt, deren Schönheit überall zu finden ist − Neu darf mit Alt und Verspieltes mit Schnörkellosem gemischt werden. Es ist ein offener, neugieriger Einrichtungsstil, der sehr weitreichend ist.

Bei glamourösen Inneneinrichtungen wird hingegen Wert auf erlesene Oberflächen und Materialien gelegt. Sie setzen konsequenter auf ausgesuchte Raffinesse europäischer Einrichtungsstile und auf reflektierende glänzende Oberflächen wie Lacke und polierten Marmor sowie auf die Transparenz von Kristall und Lucite, dem Glanz von Gold und Silber

Bei diesen Räumen stehen Glanz und Strahlkraft im Mittelpunkt, sie versprühen − im wahrsten Sinne des Wortes− ein Gefühl von Luxus. (Auch wenn beim „Global“-Wohntrend durchaus Schmuck- und Glanzobjekte einfließen können, sind diese doch eher Akzente in einem tendenziell ausgeglichenen Einrichtungsmix.)

Wir finden beide Stile fantastisch. Und sie inspirieren sich gegenseitig, wie einige dieser faszinierenden Interieurs zeigen.


Eingangsbereich

GLOBAL

Manche sind der Ansicht, dass „Global“ im Vergleich zum eurozentrischen Stil weniger elegant und vornehm sei. Tom Stringer Design für diesen Eingangsbereich in Ft. Lauderdale beweist das genaue Gegenteil. 

„In Marokko herrschen ähnliche klimatische Bedingungen wie in Südflorida“, sagt der Weltenbummler, der jedes Jahr mehrere Monate, sowohl mit als auch ohne Kundschaft, die Welt bereist. Diesen Gedanken aufgreifend entwarf er gitterartige Maschrabiya-Paneele, die sich im ganzen Haus an Wänden und Fenstern wiederfinden. 

Ein chinesischer Apothekerschrank aus Ulmenholz (um 1880) des Antiquitätenhändlers The Golden Triangle verweist auf ein anderes Reiseziel – ebenso wie die Tierzahnkette und die Geldbörse aus der Region Inle-See in Myanmar und das Muschelamulett, die Halskette und die Geldbörse aus Papua-Neuguinea. Der Stahltisch Holly Hunt vermittelt einen Hauch von Asien und die schwarze Zierleiste an der Treppe, wie Stringer es bezeichnet, einen Tansu-Moment. Dabei bezieht er sich auf die bekannten stufenförmigen japanischen Kommoden.


GLAM

„Bei der Gestaltung von Eingangsbereichen habe ich immer schwarzen Klavierlack vor Augen“, erklärt David Kleinberg. „Ich liebe seinen Glanz.“ 

Kleinberg verband zwei Einheiten in einem Park Avenue-Wohnhaus aus der Vorkriegszeit und schuf so eine 23 Meter lange Enfilade von Räumen, deren Zentrum eine Rotunde bildet. Diese und die beiden rechteckigen Räume, die sie verbindet, bilden den luxuriösen Eingangsbereich. 

Die Rotunde verfügt über Türen, die mit Spiegeln und Sprossen aus poliertem Nickel versehen sind und deren Rahmen durch die besagte Lackierung edel glänzen. Ihr Design wurde von Türen inspiriert, die sowohl der Architektur des georgianischen Zeitalters als auch der französischen Architektur der Mitte des Jahrhunderts zuzuordnen sind. Ein venezianischer Kronleuchter aus den 1930er-Jahren beleuchtet den Boden aus geschliffenem französischem Kalkstein, der mit einem klassischen Muster aus belgischem schwarzem Marmor eingefasst ist. 

Betritt man die Rotunde durch die Eingangstür, fällt der Blick auf einen der Vorräume, der mit denselben Materialien ausgestattet ist. Einen besonders schönen Blickfang bildet dabei die Art déco Sèvres-Porzellanvase. „Wir wollten ein vornehmes New Yorker Entrée schaffen“, sagt Kleinberg.


Wohnzimmer

GLOBAL

In den von Daniel Suduca und Thierry Mérillou gestalteten Innenräume erkunden die beiden französischen Designer die Welt wie zwei Abenteurer im Zeitalter der Entdeckungen. „Für uns ist ein Haus erstmal ein Mix“, erklärt Mérillou. „Zu diesem Mix gehören die Räume, die Hausbesitzer*innen und wir, die Architekten oder Inneneinrichter. Unsere Aufgabe ist es, eine Vielfalt von Einrichtungsobjekten und Kunst zusammenzustellen. Denn es ist diese Vielfalt, die sowohl ein Leben als auch Wissen und Begegnungen widerspiegelt.“ 

In diesem Toulouser Domizil wurden daher folgende Fundstücke miteinander gekonnt in Szene gesetzt: portugiesische vergoldete Stühle aus dem späten 17. Jahrhundert mit Stoffbezug von Tony Duquette, eine große Papiercollage der dänischen Künstlerin Maibritt Ulvedal Bjelke, Bronzen von Louis Cane und Joseph Monin sowie ein Werk von Mark Rothko auf einem der beiden Demilune-Tische von André Dubreuil (die mit französischen Steingefäßen aus dem 16. Jahrhundert dekoriert wurden). 

„Wenn die Möbel, Objekte und Kunstwerke qualitativ hochwertig sind und ihre eigene Aussagekraft haben“, erklärt Mérillou, „kann das Auge von einem Objekt zum anderen wandern, ohne irritiert zu sein.“ 


GLAM

„Diese Zweitwohnung war ursprünglich eine Kapelle, deren Vorbesitzer Eric Clapton war“, so die aus Austin stammende Lucinda Loya über ihr Manhattaner Domizil in der Nähe des Gramercy Parks.“  

„Ich habe mich bei der Gestaltung an der Couture orientiert“, sagt sie. Ein Beispiel dafür ist diese Zusammenstellung aus einem Sofa und zwei Sesseln von Marcel Wanders kombiniert mit zwei überzogenen Portierstühlen im offen gestalteten Wohnbereich. Es gibt Drucke von Ruben Toledo im Raum, die allerdings durch zwei riesige chromogene Drucke von Alex Guofeng Cao, auf denen Andy Warhol und Brigitte Bardot abgebildet sind, kleiner wirken. Von John Dickinson inspirierte Tische verleihen dem Ambiente einen gewissen organischen Chic. Goldene Metallic-Elemente setzen innerhalb der schwarz-gelb-weißen Farbgebung glitzernde Akzente und zwei riesige Spiegelreflektieren die Glam-Effekte in den Raum.


Esszimmer

GLOBAL

„Wir leben heutzutage nicht isoliert“, sagt Vicente Wolf. „Es gibt Einflüsse aus unterschiedlichsten Richtungen. Meine Kund*innen sind modern. Sie möchten nicht in Räumen wohnen, die thematisch eingerichtet sind. 

Die Einrichtung dieser Eigentumswohnung in Sag Harbor, die sich in einer ehemaligen Uhrenfabrik befindet, lässt sich wohl kaum thematisch einordnen. Im Esszimmer dominiert eines der aus recyceltem Metall gefertigten Werke des ghanaischen Bildhauers El Anatsui. Moderne Tulip-Stühle von Saarinen, ein äthiopischer Sessel und ein Platner-Stuhl reihen sich um den maßgefertigten Tisch mit zwei aus der Meiji-Zeit stammenden japanischen Kerzenständern aus Bronze und lackiertem Holz. Dazu ein indonesisches Tablett mit Intarsien und eine geschnitzte Marmorschale aus Indien. Und alles zusammen ergibt ein fantastisches Gesamtbild. „Ich möchte Räume schaffen, bei denen sich die einzelnen Elemente zu einem perfekten Ganzen zusammenfügen“, erklärt Wolf.


GLAM

Es geht nichts über den Midas-Touch, um einem Raum einen Hauch von Glamour zu verleihen. Goldene Akzente sind im gesamten Esszimmer dieses Bostoner Stadthauses aus dem Jahr 1868 von Evolve Residential zu finden: in dem Chinoiserie-Muster der Tapete, im durch Brennschneiden gefertigten Messing-Kronleuchter im brutalistischen Stil gefertigt von Mid-Century-Designer Tom Greene, auf den vergoldeten Gestellen der Esszimmerstühle, die hinter dem silbernen Wabenmuster der Vorhänge glitzern − sogar in der goldenen Maserung der Marmorplatte auf dem Tisch von Saarinen

Doch „nichts von dem Gold im Raum glänzt“, betont der Mitinhaber der Firma Thomas Henry Egan. „Der goldene Schimmer hat einen reflektierenden Effekt, der jedoch dezent wirkt. Die dunklen Hintergrundfarben verstärken den hochwertigen Charakter und die stimmungsvolle Atmosphäre, was auch notwendig war. Denn jedes Objekt musste seine maximale Wirkung entfalten, um nicht gegenüber der großartigen viktorianischen Architektur zu verblassen.“


Büro/Arbeitszimmer

GLOBAL

„Aufgrund seiner engen Bindung zu Japan ist San Francisco stark japanisch geprägt“, so Sean Leffers. So wurde beispielsweise das Haus, das er dort früher besaß, vom Sohn eines ehemaligen japanischen Premierministers entworfen. 

Es überrascht nicht, dass Leffers bei der Einrichtung seines Arbeitszimmers auch japanische Objekte einbezog, wie zum Beispiel eine Gartenlaterne aus Stein und einen dreibeinigen Ständer aus dem 19. Jahrhundert. 

Andere Anspielungen sind weniger wörtlich zu nehmen. „Wir beziehen viele Objekte, die eine ethnografische Identität haben“, sagt er. „Aber das Gesamtbild wirkt auf mich ebenfalls japanisch.“ Dazu gehören die klaren Linien des maßgefertigten Schreibtisches und die Außenblende am Fenster. Aber auch sonst ist der Raum mit einer zapotekischen Figur auf dem Ständer, einer italienischen Lampe aus der Mitte des Jahrhunderts, einem Schreibtischstuhl von Pierre Jeanneret und einer brutalistischen Wandskulptur sehr abwechslungsreich.


GLAM

„Dieser Raum spiegelt die Eleganz und den glamourösen Chic der Kundin wider“, sagt Ernest de la Torre. Hierbei handelt es sich um das Arbeitszimmer, das er in einem vom Architekten Paul R. Williams entworfenen Haus in Bel Air eingerichtet hat. „Die rot lackierten Wände sind wie ein Ballkleid aus Taft, das sie vielleicht tragen könnte. Die Rollos, die von einer französischen Künstlerin gefertigt wurden, die Leinenstoff wie Origami faltet, sind kunstvolle Stoffarbeiten. Und die Herz-Hängeleuchte von Jorge Pardo wirkt wie ein Schmuckanhänger.“

Das Rot ist auch eine Anspielung auf die malaysische Herkunft der Kundin und ihre Vorliebe für asiatisches Dekor, ebenso wie der Rattanstuhl von Franco Albini für Bonacina, wenn auch nur indirekt. „Ich habe versucht, asiatische Elemente einfließen zu lassen, die zugleich moderner sind“, sagt de la Torre. Der Boomerang-Schreibtisch von Maurice Calka ist ein weiteres Objekt, das ihr besonderes Stilempfinden widerspiegelt; er war ein bekanntes Requisit in der Modewerbung der 1970er-Jahre. 


Schlafzimmer

GLOBAL

„Ich liebe es zu reisen. Daher schaffe ich Umgebungen, die mir das Gefühl geben, im Urlaub zu sein, um mich an Orte zu erinnern, die mich glücklich gemacht und mich visuell angesprochen haben“, sagt die Designerin Sara Bengur. Das Schlafzimmer in ihrer New Yorker Wohnung ist ein solcher Raum voller Erinnerungen: mit einer Leuchte aus perforiertem Messing und einem kleinen Bettvorleger aus Marokko, einer maßgefertigten Tagesdecke aus einem Stoff, den sie auf dem Großen Basar in Istanbul entdeckt hatte, und einem in Italien hergestellten Überwurf. 

Die Bildergalerie besteht aus vielen Geschenken von Bekannten: ein indisches Wandornament aus Gips in einem handbemalten Rahmen, ein indisches Mandala, ein kleines Werk auf Papier von Alexander Gorlizki, auf dem ein Ei abgebildet ist. „Ich fühle mich den mediterranen Kulturen sehr verbunden“, erklärt Bengur, „mit der Schichtung, der Art und Weise, in der alles nicht ganz perfekt ist − und natürlich der Farbe!“


GLAM

Wenn es darum geht, ein glamouröses Interieur zu gestalten, sagt David Mann von der New Yorker Firma MR Architecture + Decor, „ist Seidensamt einer unserer Favoriten, ebenso wie die Verwendung von Metallic.“ Der silberne Bergamo-Samtstoff des maßgefertigten Kopfteils und der bronzene Glanz der Romo-Tagesdecke harmonieren auf wunderbare Weise in diesem Schlafzimmer eines Apartments an der Park Avenue, das von Emery Roth in den 1920er-Jahren entworfen wurde. 

Durch die mattschwarzen Wände des Schlafzimmers erhalten sie eine leuchtende Präsenz. Die gesamte Komposition, so Mann, „ist eine perfekt ausgeglichene Mischung aus flach und matt und glatt und glänzend.“ 

Das Thema setzt sich in Nachttischen aus bronziertem Stahl mit maßgefertigten Relief-Schubladenfronten aus glänzender Blanc-de-Chine-artiger Keramik von Peter Lane fort (mit Vintage-Lampen von der Kerson Gallery). Am Fußende des Bettes steht eine Sitzbank mit Beinen, die von Marc Bankowsky entworfen wurden, erhältlich über Maison Gerard.


Badezimmer

GLOBAL

Als David Scott dieses Bad in seinem Haus in den Hamptons gestaltete, ergänzte er die klaren Linien und die gedämpfte Farbgebung in Grau und Ziegelrot mit einer chinesischen Sitzbank aus dem 19. Jahrhundert von Mecox Gardens, einem ägyptischen Theben-Hocker aus dem 20. Jahrhundert − ein Fundstück eines Flohmarktbesuchs, einem Zebrafell und einem skandinavischen Vintage-Papierkorb der Mitte des Jahrhunderts aus Teakholz. 

„Ich habe schon immer eine eklektische Herangehensweise an das Design bevorzugt und liebe es, Dinge zu schichten“, sagt Scott. Das Muster des Zebrateppichs, der asymmetrisch angeordnet ist, belebt den Raum und verleiht ihm einen Hauch von Exotik. Diese Elemente bringen auch organische Texturen in ein Bad, das sonst vielleicht eher schlicht wäre.


GLAM

„Ich finde es glamourös, einen Nassbereich mit einer handgemalten Gracie-Tapete auf einem ihrer antiken Goldpapiere zu gestalten“, sagt der Designer Eddie Lee über dieses prächtige Bad in einer zum Central Park hin gelegenen Zweitwohnung. „So etwas würde man in einem Esszimmer oder Eingangsbereich erwarten. Aber hier im Bad hat die Tapete etwas Unerwartetes und Dekadentes an sich.“ 

Kombiniert mit einem Kronleuchter aus geräuchertem Muranoglas, einem Sockel und Böden aus Calacatta-Marmor, einer eierschalenblau lackierten Decke und Schminktischen, die aus RH-Treillage-Kommoden im Louis-XVI.-Stil nachgerüstet wurden, ergibt sich ein royales Ambiente zum Verwöhnen und Aufhübschen, das einer Marie-Antoinette würdig wäre.


Terrassen

GLOBAL

Niemand würde behaupten, dass Chevy Chase im US-Bundesstaat Maryland mit seinen Häusern im Colonial Revival-, Craftsman- und Tudor-Stil besonders exotisch sei. Deshalb ist dieser Innenhof auch so überraschend und bezaubernd. 

„Es war für mich sehr stimmig, diese exotischen Objekte zu verwenden, da der Kunde mit Begeisterung reist und eine internationale Ästhetik absolut schätzt“, sagt die Designerin Mona Hajj. Dazu gehören eine handgeschnitzte Sitzbank und Stühle aus dem 19. Jahrhundert, die sie in Indien gekauft hat, französische schmiedeeiserne Tische mit Marmorplatten, türkische Gefäße aus dem 19. Jahrhundert und ein großes asiatisches Pflanzgefäß aus Metall unter dem Tisch. Ein wunderbarer Ort, um das indische Epos Mahabharata zu lesen.


GLAM

„Glamour ist eine Geisteshaltung“, sagt Brigitta Spinocchia Freund. „Es geht um die Liebe zum Detail, von der kundenspezifischen Raumplanung bis hin zu den Designdetails und der Materialität, die dem Projekt zugrunde liegt.“ 

Diese Terrasse, die zu einem Haus auf den Balearen gehört, ist ein wahres Schmuckstück. Zum einen mischte Spinocchia Freund maßgefertigte Outdoor-Sitzmöbel mit Objekten von Fendi Casa unter Tuuci-Schirmen. Gelbe Farbtupfer − Bishop-Hocker von India Madhavi und einige Stuhlgruppierungen aus der Serie „Custom Made“ der Künstlerin Karen Ryan − vermitteln sowohl Sinn für Farbe als auch Eleganz. Eine Superarchimoon-Designleuchte von Flos beleuchtet die Modulsofas.

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