Hausbesichtigungen

Mit diesem stattlichen Anwesen am Hudson River definiert Glenn Gissler den Begriff von anmutigem Wohnen neu

Porträt des Designers Glenn Gissler
„Das Haus ist sehr amerikanisch, aber nicht traditionell“, erzählt der Designer Glenn Gissler über die Inneneinrichtung, die er in einem Landhaus am Hudson River für einen Investmentbanker aus Manhattan, seine Frau und ihre kleine Tochter entworfen hat (Porträt von Gross & Daley). Oben: Das neu errichtete Wohnhaus im Colonial Revival-/Shingle-Stil ist ein Werk des Architekten David Neff, die Außenanlagen stammen von der Landschaftsarchitektin Billie Cohen. Alle Fotos von Peter Murdock.

Glenn Gissler benötigt fast zwei Stunden für die Fahrt von seiner Wohnung in den Brooklyn Heights zu seinem Wochenendhaus im Nordwesten von Connecticut. Er könnte also seine Kund*innen – in diesem Fall einen Investmentbanker, dessen Frau und die kleine Tochter des Paares – beneiden, die in einem Loft in Lower Manhattan wohnen. Denn bis zu deren Wochenendhaus in Nyack, New York, sind es gerade einmal 45 Minuten. Und dazu gehört auch die Überquerung des Hudson River, den die Stadtwohnung und das Landhaus von beiden Seiten überblicken.

Als das Ehepaar vor neun Jahren die Wohnung in Manhattan kaufte, beauftragte es Gissler mit der Gestaltung der Innenräume und bat ihn auch um Unterstützung bei der Zusammenstellung einer Kunstsammlung mit Werken des Abstrakten Expressionismus. Vor drei Jahren, als sich die Eheleute dann auf die Suche nach einem Wochenendhaus machten, ließen sie sich erneut von Gissler beraten. Nach einigen Fehlschlägen fand das Paar ein neu erbautes Haus im Colonial Revival-/Shingle-Stil, das an der breitesten Stelle des Flusses liegt. Der Architekt David Neff hatte das fast 500 Quadratmeter große Anwesen mit traditionellen Details versehen und gleichzeitig die Innenräume offen und hell gestaltet.

„Die Zimmer sind gut aufgeteilt, nicht zu pompös“, erläutert Gissler. Die Umgebung könnte auch nicht besser sein. Er glaubt, dass das Haus hoch genug gelegen ist, um einen spektakulären Blick auf den Hudson River zu gewähren, und zugleich niedrig genug, um sich dem Wasser nahe zu fühlen. 

Das Ehepaar kaufte es und Gissler stattete die Räume mit einer eleganten Mischung aus neuen und alten Möbeln aus, von denen viele aus Europa stammen. „Das Haus ist sehr amerikanisch, aber nicht im Stil Americana“, sagt der Designer, der an der Rhode Island School of Design Architektur und Bildende Kunst studierte, dann für einen Architekten (Rafael Viñoly) und einen Innenarchitekten (Juan Montoya) arbeitete, bevor er 1987 sein eigenes Büro gründete. 

Hier führt Gissler Introspective durch das Haus, an dem er mit seinem Senior Designer Craig Strulovitz, ebenfalls ein RISD-Absolvent, zusammengearbeitet hat. 


EINGANGSBEREICH  

Von Glenn Gissler gestalteter Eingangsbereich

„Wir wollten einen Ort schaffen, an dem man innehält, bevor man den Rest des Hauses betritt, der zum Fluss hin offen ist“, sagt Gissler. Er tat dies, indem er dem Eingangsbereich genauso viel Aufmerksamkeit schenkte wie jedem anderen Teil des Hauses.

Zwei markante Stühle von Johan Tapp aus den 1940er-Jahren im Chinese Chippendale-Stil greifen das Stabwerk auf, das sich im Oberlicht findet, und auch in dem Geländer, welches den oberen Teil des Raums mit doppelter Deckenhöhe säumt.

Die Designer strichen den Flur vom Eingangsbereich zur Küche in einem sehr tiefen Blau. Sie erklären, dass dunkle Oberflächen dazu neigen, optisch in den Hintergrund zu treten, wodurch der schmale Raum breiter wirkt, als er eigentlich ist. Die tintenfarbenen Wände sind mit klassischen Himmelsmotiven bedeckt, die den Flur von der ansonsten sehr irdischen Umgebung abheben.


WOHNZIMMER

Von Glenn Gissler gestaltetes Wohnzimmer

Gissler wählte für die lichtdurchfluteten Räume im Erdgeschoss eine Farbpalette aus „Blau und seinem Cousin im Farbspektrum – Grün“, als Hommage auf die Rasenflächen und den Fluss vor den Terrassentüren. Satte Farbblöcke werden mit weicheren, „kreidigeren“ Tönen kontrastiert. Die Sessel zeichnen sich durch eine unifarbene blaue Rückenlehne aus, die zu den Vorhängen des Zimmers passt, sowie durch ein paisleyartiges Muster auf der Vorderseite. (Der Bronze-Beistelltisch zwischen den Sesseln ist von Hervè Van der Straeten.)

Der von Gissler entworfene Teppich erinnert an ein Kettengeflecht und strahlt eine durchdachte Ungezwungenheit aus. Das gilt auch für den Kronleuchter „Arctic Pear“, der nach der Form seiner transparenten Glastropfen benannt ist und den Raum überstrahlt. Er hängt über einem maßgefertigten, mit Leinen umhüllten Couchtisch, der von Beistelltischen flankiert wird, die klassische Motive mit moderner Schlichtheit kombinieren. Diese werden von mit Craquelé-Glasur versehenen, kannelierten Vintage-Säulenlampen gekrönt.

„Das Haus liegt so nah an New York City, dass wir sicherstellen wollten, dass man sich dennoch wie an einen weit entfernten Urlaubsort versetzt fühlt“, erklärt Strulovitz die Wahl der Möbel mit schlanken Silhouetten und Textilien in sonnengebleichten Farbtönen.

Eine weitere Ansicht des von Glenn Gissler gestalteten Wohnzimmers

„Ich setze Möbel gerne so ein, dass sie zum Betreten des Raumes einladen“, fügt Gissler hinzu. An einem Ende des Wohnzimmers platzierte er ein Tagesbett anstelle eines Sofas mit Rückenlehne, damit der Kamin nicht verdeckt wird. „Es sollten immer Orte vorhanden sein, an denen sich das Auge ausruhen kann“, erklärt er. Das Gemälde über dem Kaminsims Untitled (Radiance) (1969–70) stammt von Richard Pousette-Darts. „Kunst ist bei jedem Interieur entscheidend“, betont Gissler und verweist darauf, dass die Oberfläche des Pousette-Dart-Gemälde „leuchtend und reich und tief und aufregend“ sei.

Ein Blick auf das Wohnzimmer mit dem Couchtisch

Das andere Ende des Wohnzimmers wird von The Studio dominiert, einem 1952 entstandenen Werk von Yvonne Thomas, einer Künstlerin des abstrakten Expressionismus, die erst posthum Anerkennung erfährt. Es war eines der ersten Gemälde, die das Paar erwarb, erzählt Gissler, und „es gab uns die Richtung für die weitere Farbpalette vor“, insbesondere für die zahlreichen Blau- und Grautöne, die das Designteam im ganzen Raum verwendete. 

Unter dem Bild befindet sich eine gemütliche Sitzecke mit einem Sofa ohne Armlehnen. Die Holzstühle und der Couchtisch stammen aus Frankreich; Gissler gefällt die Form ihrer Beine, die er eher als ungezwungen denn als starr beschreibt. Er mag auch die Tatsache, dass das Alter der Objekte schwer zu bestimmen ist – welche sind Vintage und welche brandneu? 


ESSZIMMER

Von Glenn Gissler gestaltetes Esszimmer

Die geschwungenen Rückenlehnen der Stühle bilden hier eine Art Welle, bemerkt Gissler, der es vermeidet, Stühle an die Enden von Esstischen zu stellen, weil sie, wie er meint, „zu einer Art Barriere werden – wie ein Zaun um den Tisch“. Er entschied sich auch dafür, drei identische Leuchten an der Decke anzubringen, denn „das wirkt lebendiger als ein großes Exemplar, das in der Mitte hängt“. 

Der Star des Raumes ist jedoch das Eichen-Sideboard aus den 1940er-Jahren von Charles Dudouyt, das bei FCK Paris New York gekauft wurde. „Ich mag seine Möbel, weil sie so massiv sind“, erklärt Gissler. „Das Sideboard hat das Gewicht, das man mit American Arts and Crafts assoziieren kann.“ Strulovitz fügt hinzu: „Uns gefiel auch, wie grafisch und plakativ das Muster auf der Tür war. Sie weist eine schöne Patina auf, hat aber klare grafische Linien.“

Das Gemälde über dem Sideboard ist Hale Woodruffs Landscape No. 2 (1966). Über dem Kamin hängt Winged Creature (2014) von Frank Bowling. Gissler ist ein Freund des Kontrasts zwischen wohnlichen Möbeln und anspruchsvoller Kunst, den er im ganzen Haus aufgreift.


BIBLIOTHEK

Bibliothek mit Aussicht, gestaltet von Glenn Gissler

Die üppig getäfelte Bibliothek soll nicht die Helligkeit des Außenbereichs ergänzen; es gibt zwar Blautöne, aber sie sind eher gräulich, was zu der gedämpften Atmosphäre des Raumes passt. Hier brachte Gissler eine sechsarmige Griffith-Leuchte aus Bronze und Glas von Arteriors über einem Vintage-Couchtisch an. Der schwarz lackierte Beistelltisch „10 Säulen“ der Wiener Werkstätte stammt von Adolf Loos und wurde um 1900 in Österreich gefertigt. Das Gemälde über dem Kaminsims mit dem Titel Number 19 (1952–53) stammt von Bradley Walker Tomlin.


KÜCHE

Von Glenn Gissler gestaltete Küche

Der Architekt Neff hatte die Küche bereits fertiggestellt, bevor Gissler hinzugezogen wurde. Aber Gissler fügte noch ein paar Dinge hinzu, um ihr das gewisse Etwas zu verleihen. Allen voran ein kleines, unbetiteltes Gemälde von Franz Kline aus dem Jahr 1960, das auf einer Staffelei auf der Arbeitsfläche thront. Nicht spülmaschinenfest. 

Strulovitz beschreibt einen weiteren Schritt: „Da es sich im Wesentlichen um eine große weiße Küche handelte, versuchten wir, sie weicher zu gestalten, indem wir die Hocker und die Raffrollos in einer hellen, sommerlichen Farbpalette kombinierten“.


HAUPTSCHLAFZIMMER

Von Glenn Gissler gestaltetes Hauptschlafzimmer

„Alle Räume des Hauses präsentieren sich in einem klassischen Look“, sagt Gissler und verweist auf „ein hohes Maß an Symmetrie, das zur Ruhe beiträgt“. 

Der vielleicht behaglichste Raum von allen ist das geräumige Hauptschlafzimmer, in dem Objekt mit sanften Formen in kontrastarme Materialien gehüllt sind. Die Lampen sind jedoch ein echter Blickfang. Sie wurden aus Bergkristallstücken gefertigt, die mit Maschendraht zusammengehalten werden. Die gustavianischen Truhen sind von Scandinavian Antiques, der Kronleuchter „Supra Bubble“ stammt von Pelle Lighting

Während der Teppich das Plätschern des Wassers und das Glitzern des Kronleuchters und der Lampen aufgreift, setzt das Lewis Mittman-Sofa einen ruhigen, wohltuenden Akzent.


HAUPTBADEZIMMER

Von Glenn Gissler gestaltetes Hauptbadezimmer

Die Ehefrau wünschte sich ein Badezimmer mit einer femininen Note. Gissler hat sich ein Fantasie-Boudoir ausgedacht, mit einem Marmor-Mosaikboden und einem Kronleuchter, den der große Carlo Scarpa für Venini in den 1960er-Jahren entworfen hat (von Kerson Gallery). Unter dem Kronleuchter befindet sich eine vom gustavianischen Stil inspirierte Konsole. „Sie hat leichte Gebrauchsspuren und sieht etwas älter aus“, sagt Gissler und erläutert, dass die ausschließliche Verwendung von Einbaumöbeln einen Raum schnell institutionell erscheinen lassen kann, „die Konsole und der Sessel hingegen den Raum wie ein echtes Zimmer aussehen lassen“.


GÄSTEZIMMER

Von Glenn Gissler gestaltetes Gästezimmer

In einem großen Haus trägt eine durchgängige Farbpalette dazu bei, ein einheitliches Gesamtdesign zu schaffen. Die drei Gästezimmer greifen die Farb- und Materialwahl auf, die bereits an der Eingangstür beginnt: ein wenig Blau, ein bisschen Grün, ein paar satte, dunkle Hölzer. 

Die beiden Werke der minimalistischen Künstlerin Jo Baer über dem Bett gehören zu den Cardinations (1974), einer Serie von Siebdrucken auf Büttenpapier, die den Raum umringen. Der Ohrensessel stammt von Century Furniture; das gepolsterte Kopfteil hat Gissler selbst entworfen und ihm eine koloniale Silhouette verliehen. „Ich würde den Raum nicht als ungezwungen bezeichnen, denn er ist sehr maßgeschneidert“, erklärt er. „Doch die Baumwollbettwäsche und der flachgewebte Teppich sorgen für eine entspannte Atmosphäre.“ 


POOL

Von Glenn Gissler gestalteter Poolbereich

Nachdem die Kundenfamilie eingezogen war, entwickelten Gissler, Strulovitz und die Landschaftsarchitektin Billie Cohen einen Plan, um genügend ebenen Boden für den Pool zu schaffen, was bedeutete, dass ein Teil des Hangs abgetragen werden musste. Der Infinity-Rand des Pools stellte bei dem ohnehin schon anspruchsvollen Bauprojekt eine noch größere Herausforderung dar. Aber für manche Kund*innen ist eben die Unendlichkeit das Maß aller Dinge.

Glenn Gissler – Schnellauswahl

Pierre Chapo, Esstisch „T21“, 1960er-Jahre, angeboten von Brendan Tadler
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Pierre Chapo, Esstisch „T21“, 1960er-Jahre, angeboten von Brendan Tadler

„Die schlichten skulpturalen Formen von Chapos Möbeln sind kühn und ruhig zugleich.“

Adrian Pearsall, Modulsofa, 1970er-Jahre, angeboten von Modern Hill Inc.
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Adrian Pearsall, Modulsofa, 1970er-Jahre, angeboten von Modern Hill Inc.

„Dieses riesige, urbane, einteilige L-Sofa ist mehr als chic und eignet sich perfekt für Kund*innen mit einer Kunstsammlung und vielen Freund*innen.“

Art déco-Sideboard, 1940er-Jahre, angeboten von MORENTZ
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Art déco-Sideboard, 1940er-Jahre, angeboten von MORENTZ

„Architektonisch, bodenständig und durchdacht – und innen mit viel Platz für Schätze.“ 

Konische Einbauleuchte, neu, angeboten von Radio Guy & Early Electrics
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Konische Einbauleuchte, neu, angeboten von Radio Guy & Early Electrics

„Chic und unverwechselbar muss nicht immer gleich teuer sein.“

Hans-Agne Jakobsson, Deckenleuchte, 1960er-Jahre, angeboten von MORENTZ
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Hans-Agne Jakobsson, Deckenleuchte, 1960er-Jahre, angeboten von MORENTZ

„Ich liebe es, sehr lange Tische in Esszimmern zu positionieren, und diese moderne und über zwei Meter lange Leuchte ist perfekt, um so einen Tisch ins rechte Licht zu setzen.“

Douglas Fanning, Stapeltische, 2019, angeboten von Maison Gerard
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Douglas Fanning, Stapeltische, 2019, angeboten von Maison Gerard

„Diese natürlich anmutenden, erdfarbenen Tische lassen viele skulpturale Anordnungen zu.“

Carlo Scarpa für Venini Battuto, Vase „A Nido D’Ape“, neu, 1940 entworfen
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Carlo Scarpa für Venini Battuto, Vase „A Nido D’Ape“, neu, 1940 entworfen

„Die besten Vasen sehen mit oder ohne Blumen schön aus!“

Jean Royère, Stühle „Trèfle“, 1940er-Jahre, angeboten von der Galerie Marcilhac
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Jean Royère, Stühle „Trèfle“, 1940er-Jahre, angeboten von der Galerie Marcilhac

„Diese wahrlich bezaubernden Stühle schaffen überall, wo sie platziert werden, ein stilvolles Ambiente.“

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