Engel der Verkündigung

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Angaben zum Objekt

Engel der Verkündigung Prager Workshop aus dem Kreis von Meister Theoderich (erwähnt von 1359 bis 1368) Um 1380/90 Geschnitztes und polychrom bemaltes Lindenholz Höhe 88 cm Der Verkündigungsengel - ein Meisterwerk der gotischen Bildhauerei im Prager Raum Diese beeindruckende Skulptur eines Verkündigungsengels ist ein herausragendes Beispiel gotischer Museumskunst. Sie entstand um 1380/90 im Umkreis des Meisters Theoderich in Prag - einem der führenden künstlerischen Zentren Mitteleuropas zu dieser Zeit - und ist ein äußerst seltenes Stück. Ihre kunsthistorische Bedeutung liegt nicht nur in ihrer meisterhaften Ausführung, sondern auch in ihrer Verbindung zu einer der faszinierendsten Werkstätten der spätmittelalterlichen Kunst. Meister Theoderich und sein künstlerisches Umfeld Meister Theoderich war eine Schlüsselfigur der gotischen Kunstbewegung im Prag des 14. Als Hofmaler von Kaiser Karl IV. hatte er entscheidenden Einfluss auf die künstlerische Ausgestaltung des Veitsdoms auf der Prager Burg. Sein Einfluss ging weit über die Tafelmalerei hinaus: Theoderichs Werkstatt war höchstwahrscheinlich ein lebendiges Zentrum kollaborativer Kreativität, in dem Maler, Bildhauer und Kunsthandwerker eng zusammenarbeiteten. Es ist durchaus denkbar, dass auch Bildhauer aus seiner Schule zu den architektonischen und bildhauerischen Meisterwerken beigetragen haben, die die sakrale und kaiserliche Repräsentation Prags prägten. Der Engel der Verkündigung im Detail Die Skulptur zeigt einen Engel in aufrechter Haltung, der eine Banderole in den Händen hält, auf der die Worte "Ave Maria" zu lesen sind. Dieser Gruß an die Jungfrau Maria bezieht sich auf die biblische Szene der Verkündigung (Lukas 1,28) und weist die Figur als einen übernatürlichen Boten Gottes aus - einen Engel, der Maria die Geburt Christi ankündigt. Der Engel der Verkündigung ist der Erzengel Gabriel, der in der christlichen Tradition als göttlicher Bote erscheint. Seine bekannteste Rolle spielt er in der Verkündigungsszene (Lk 1,26-38): Mit den Worten "Gegrüßt seist du, Maria, gratia plena" grüßt er sie als Gottes Auserwählte. Gabriel wird gewöhnlich als jugendlicher, anmutiger Engel dargestellt, oft mit einer Banderole oder Lilie als Zeichen der Reinheit. Besonders auffällig sind die charakteristischen Stilmerkmale, die eine enge Verbindung zur Kunst des Meisters Theodoric erkennen lassen: Die kurzen, bis zu den Ohren reichenden Locken mit der mittig über der hohen Stirn sitzenden Stirnlocke erinnern unweigerlich an die Figuren auf den Tafelbildern des Meisters. Die fein modellierten Gesichtszüge - die großen, runden Augen, die gerade Nase und der zarte Mund - spiegeln den naturalistischen Porträtstil wider, der in den Prager Künstlerkreisen des späten 14. Jahrhunderts immer beliebter wurde. Die zart geröteten Wangen verleihen der Figur zusätzliche Lebendigkeit und Wärme. Ein bemerkenswerter Vergleich findet sich in der Darstellung des heiligen Vitus in einer Fensternische der Heilig-Kreuz-Kapelle auf dem Karlstein. Auch dort ist der markante Haarschnitt mit dem zentralen Schopf zu sehen, ebenso wie bei der Darstellung des Heiligen Ludwig von Frankreich über dem Südportal derselben Kapelle. Die kunstvolle Gestaltung des Haares in dicken, voluminösen Locken ist ein typisches Merkmal der Prager Kunst dieser Zeit - eindrucksvoll demonstriert durch die sogenannte Madonna von Veveří. Der Engel erscheint hier als jugendliche und zugleich nachdenkliche Gestalt - ein Symbol für die göttliche Botschaft und die himmlische Gegenwart. Die Körperhaltung und die Banderole mit dem "Ave Maria" sind eindeutige ikonografische Hinweise auf seine Rolle bei der Verkündigung. Gewand und Draperie als Spiegelbild der gotischen Mode Das Gewand des Engels entspricht den Modetrends des späten 14. Jahrhunderts: Die Figur trägt eine einfache weiße Tunika unter einer langen, großzügig drapierten Mantelfalte. Der Mantel wird mit einer auffälligen Schließe unterhalb des Halses geschlossen, die einst mit Edelsteinen verziert gewesen sein könnte - ein Hinweis auf seinen übernatürlichen Ursprung und seine erhabene Funktion. Die kraftvollen Falten des Mantels - von kantigen bis zu sanft geschwungenen Schalenfalten - zeugen von der meisterhaften Fähigkeit des Bildhauers, Bewegung und Materialität zum Leben zu erwecken. Besonders auffällig sind die so genannten "teigigen" Stoffe, die den "weichen" oder "internationalen" Stil charakterisieren, der um 1400 in Prag aufblühte. Der Prager Kontext - Zentrum der gotischen Kunst Diese Skulptur fügt sich in die stilistische Entwicklung der Engelsdarstellungen im Spätmittelalter ein: Von früheren, oft statischen, gleichförmigen Formen zu individuelleren und ausdrucksstärkeren Figurenbildern. Die sorgfältig gestaltete Kleidung, die ausdrucksstarken Gesichtszüge und die skulpturale Ausarbeitung der Falten des Gewandes spiegeln die innovative Kraft wider, die mit der Werkstattumgebung von Meister Theoderic verbunden ist. Unter der Schirmherrschaft von Kaiser Karl IV. erlebte Prag eine künstlerische Blütezeit. Die Stadt avancierte zu einem Zentrum der gotischen Kunst, in dem religiöse Werke nicht nur der Andacht dienten, sondern auch den wachsenden Anspruch Prags als kulturelle und politische Metropole unterstrichen. Die enge Verflechtung von Frömmigkeit, Machtanspruch und künstlerischem Ausdruck zeigt sich eindrucksvoll in Werken wie dieser Skulptur. Es ist denkbar, dass die Engelsfigur im Rahmen der ehrgeizigen künstlerischen Bestrebungen des Prager Hofes entstanden ist - als Teil eines umfassenden Programms zur Inszenierung der Stadt als das neue "Rom des Nordens". Die Werkstatt von Theoderich spielte dabei eine zentrale Rolle: Mit ihren hochwertigen Andachtsbildern und Skulpturen prägte sie die sakrale Landschaft Prags nachhaltig. Der Verkündigungsengel mit der Banderoleninschrift "Ave Maria" passt perfekt in diesen Kontext, in dem kaiserliche Macht, religiöse Frömmigkeit und künstlerische Innovation eng miteinander verbunden waren. Literatur Jiří Fajt & Jan Royt, Magister Theodoricus. Der Hofmaler von Kaiser Karl IV. Die künstlerische Ausstattung der sakralen ROOMS auf der Burg Karlštejn, Prag 1997. Gustav E. Pazaurek, "Theoderich", in: Allgemeine Deutsche Biographie 37, Leipzig 1894, S. 708-710.

Maße:
Höhe: 88 cm (34,65 in)Breite: 30 cm (11,82 in)
Medium:
Holz
Bewegung und Stil:
Gotisch
Kreis von:
Master Theoderich (Tschechisch)
Zeitalter:
15. Jahrhundert und früher
Zustand:
Galeriestandort:
Wien, AT
Referenznummer:
1stDibs: LU1143216293462

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